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Bergbau: Optimierung der Grubenwasserhaltung

Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke erläutert die Positionen der Landesregierung

Wasserhaltung: Ein Beispiel für den Umgang mit den "Ewigkeitslasten" des Steinkoh­lenbergbaus - Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr informiert

Im Juni 2012 ging der aktive Steinkohlenbergbau im Saarland zu Ende. Aber das Thema bleibt auf der Agenda. Dabei geht es um Erinnerungskultur genau so wie um die Sicherung und Wiederverwendung ehemaliger Bergwerksanlagen. Es betrifft aber auch die Gruben­wasserhaltung.

Was bedeutet der Begriff "Grubenwasserhaltung"?

Wasserhaltung oder Wassermanagement soll vermeiden, dass sich in den Hohlräumen unter Tage Grundwasser ansammelt. Während der Kohleförderung ist das unerlässlich, weil sonst Abbaustrecken gar nicht mehr erreichbar wären. Bei einem stillgelegten Bergwerk könnte man aber sagen: Wir stellen unsere teuren Pumpen ab und lassen die Hohlräume vollaufen, wir müssen in die Strecken ja nicht mehr hinein.

Worauf bezieht sich die aktuelle Diskussion im Saarland?

Das Bergbauunternehmen hat Ende März sein "Konzept zur langfristigen Optimierung der Grubenwasserhaltung" dem Wirtschaftsministerium übermittelt. Dazu war die RAG AG nach dem so genannten Erblastenvertrag verpflichtet. Das Konzept sieht vor, die bisher noch tro­cken gehaltenen Schächte und Stollen bis 2035 stufenweise zu fluten. Das bedeutet eine wesentliche Veränderung des aktuellen Zustands und ist deshalb genehmigungspflichtig. Die RAG muss dafür einen förmlichen Antrag einreichen, über den dann die Bergbehörde ent­scheidet.

In einer vorläufigen Stellungnahme hat das Wirtschaftsministerium auf eine Reihe von Lü­cken im Konzept hingewiesen. Einerseits werden Bau-, Rest- und Versatzstoffe, die unter Tage eingesetzt wurden, nicht ausreichend thematisiert, zum anderen gibt es keine Bewer­tung von Risiken durch Erschütterungen, insbesondere im Bereich der ehemaligen Abbau­felder Primsmulde und Dilsburg. Auch mögliche Gas-Austritte, zum Beispiel von Radon oder Methan, sind nicht hinreichend berücksichtigt. Außerdem muss die Frage beantwortet wer­den, wo bei einer kompletten Flutung Wasser an der Oberfläche austritt und was das bewir­ken kann.

Das Unternehmen hat angekündigt, sein Konzept in dieser Hinsicht zu überarbeiten. Wirt­schaftsministerin Anke Rehlinger hat mehrfach darauf hingewiesen, "dass Gefahren für Mensch und Umwelt zuverlässig ausgeschlossen sein müssen". Ansonsten sei eine Geneh­migung des erwarteten Antrags nicht möglich, insbesondere auch im Hinblick auf die Trink­wassersicherheit.

Was plant die RAG konkret?

Das Konzept sieht vor, im Bereich des Bergwerks Reden ("Teilprovinz") den Grubenwasser­spiegel zunächst um 280 Meter ansteigen zu lassen. Zu späteren Zeitpunkten sollen die we­sentlich kleineren Wasserhaltungen Camphausen, Luisenthal und Viktoria eingestellt wer­den.

Im Moment liegt der Grubenwasserspiegel in Reden bei 600 Metern unter dem Meeresspie­gel. Mehr als 13 Millionen Kubikmeter Wasser werden pro Jahr ans Tageslicht gefördert und fließen über den Klinkenbach in die Blies. In 320 Metern Tiefe unter dem Meeresspiegel wä­re es ab 2017 möglich, das Wasser zum Standort Duhamel übertreten zu lassen. Das ist ein Kernelement des RAG-Konzepts; denn dessen abschließendes Ziel lautet, 18 Jahre später in der Nähe von Ensdorf das Grubenwasser im Idealfall ohne Pumpen in die Saar ablaufen zu lassen. Allerdings setzt dies voraus, dass der Wasserspiegel unter Tage auf breiter Flä­che bis in die Nähe der Erdoberfläche ansteigen muss. Das wäre aber eine wesentliche Ab­weichung von dem, was im KPMG-Gutachten als "unkritisch" angesehen wurde.

Was steht in diesem Gutachten?

Es wurde 2006 vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Auftrag gegeben und von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erstellt. Es sollte insbesondere gezeigt wer­den, wie sich die so genannten Ewigkeitslasten nach dem Ende des Bergbaus darstellen werden. Zu diesen Kosten trägt das Wassermanagement in den Stollen wesentlich bei, man kann nach heutigem Stand von mehr als 60 Prozent ausgehen. Wirtschaftlich gesehen, müsste das Unternehmen also den Aufwand für die Pumpen verringern, indem man das Grubenwasser ansteigen lässt.

Das KPMG-Gutachten geht dabei von vier möglichen Risiken aus: Methangas, Hebungen, Tagesbrüche und Trinkwasserbeeinträchtigung. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass im Saarrevier ein nur teilweiser Anstieg um durchschnittlich 500 Meter diese Risiken weitestgehend vermeidet, aber wegen der geringeren Pumphöhe trotzdem zu nennenswer­ten Einsparungen bei der Wasserhaltung führt.

Festzuhalten ist allerdings, dass der Erblastenvertrag von 2007 und das KPMG-Gutachten vom Grundmodell einer dauerhaften und optimierten Grubenwasserhaltung ausgehen.

Gibt es Erfahrungswerte?

Nach der Darstellung der Bergbauunternehmen ist es im lothringischen Revier durch die Flutung nur zu Hebungen (Höhenveränderungen) im Zentimeterbereich gekommen, so dass keine wesentlichen Bergschäden zu erwarten seien. Im Bereich des Warndts sei der bisheri­ge Grubenwasseranstieg ohne gravierende Auswirkungen geblieben. Im französischen Bergbau habe es lediglich in der Anfangsphase der Flutung wenige Erderschütterungen ge­geben.

Wichtig ist es nun zu prüfen, ob Erfahrungswerte vom lothringischen auf das saarländische Revier übertragbar sind. Die geologischen Bedingungen unterscheiden sich jedenfalls we­sentlich.

Was sind die nächsten Schritte?

Wirtschaftsministerium, Oberbergamt und Bergamt haben das vorläufige RAG-Konzept zur Wasserhaltung geprüft. Daraus ergab sich eine erste Stellungnahme des Landes an die Ad­resse der RAG. Das Konzept wird derzeit vom Unternehmen überarbeitet und dann erneut dem Land zur Prüfung und Stellungnahme vorgelegt.

Änderungen bei der Grubenwasserhaltung sind immer genehmigungspflichtig, so dass die RAG einen förmlichen Antrag beim Bergamt Saarbrücken stellen muss, wenn sie ihr aktuali­siertes Konzept dann in Stufen umsetzen und anwenden will. Sobald dieser Antrag vorliegt, handelt die Bergbehörde auf der Grundlage des Bundesberggesetzes, bergrechtlicher Ver­ordnungen und sonstiger Rechtsvorschriften.

Das Unternehmen will im Verlauf des Genehmigungsverfahrens Gutachter heranziehen. Zur Beurteilung des RAG-Antrages werden die Behörden aber auch eigene Gutachten einholen. In welchen Teilbereichen, hängt von Zielrichtung und Inhalt des erwarteten Antrags ab.

Das Konzept schildert vorrangig die technische Umsetzung der optimierten Wasserhaltung. Die dazu erforderlichen Maßnahmen werden in einem bergrechtlichen Abschlussbetriebs­planverfahren behandelt. Daneben ist aber auch noch ein bergrechtliches Planfeststellungs­verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Genehmigung des Zutageförderns von Gru­benwasser am Standort Duhamel und gegebenenfalls auch am Standort Luisenthal erforder­lich.

Was erwartet die Landesregierung von der RAG?

Unter anderem in folgenden wesentlichen Punkten hat das Wirtschaftsministerium die RAG um Erläuterungen und Ergänzungen gebeten:

•      Dass eine Gefährdung von Trinkwasservorkommen ausgeschlossen ist, muss durch
Gutachten belegt werden.

•      In Reden muss ein Schacht zur Brunnenwasserhaltung mit Tauchmotorpumpen herge­
richtet werden, damit der Flutungsprozess bei unerwünschten Ergebnissen sofort been­
det werden kann.

•      Die Betrachtungen zum Methan müssen um den Faktor Radon ergänzt werden, da die­
ses ebenfalls an die Oberfläche gelangen kann. Ein systematisches Monitoring soll ins­
besondere Risiken eines Gas-Austritts innerhalb der Bebauung vermeiden.

•      Mit Blick auf die energiewirtschaftlichen Folgen soll die RAG eine Einschätzung zu den
Auswirkungen auf die Grubengasgewinnung (zum Beispiel durch die Steag New Ener-
gies und die Stadtwerke Saarbrücken) vorlegen.

•      Möglichen Gefahren durch Erderschütterungen muss ebenso Rechnung getragen wer­
den wie den Risiken durch eingelagerte Bau-, Rest- und Versatzstoffe, betriebsbedingt
angefallene Abfälle sowie PCB-haltige Hydrauliköle.

Wie stellt sich die Frage des Trinkwasserschutzes dar?

Bergrechtliche Genehmigungen sind in wasserwirtschaftlicher Hinsicht an das Einvernehmen des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz gebunden. Um eine unabhängige Prüfung des Gesamtkonzeptes zu gewährleisten, lässt das Umweltressort das Grundwassermodell Saar erweitern. Ein entsprechendes Gutachten dazu wird in Kürze vergeben. Die Bergbe­hörden stellen die dazu erforderlichen Daten zur Verfügung.

Bei der Beurteilung des überarbeiteten Wasserhaltungskonzepts wird dem Aspekt der unter Tage eingesetzten Bau-, Rest- und Versatzstoffe besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Von ihnen darf im Fall der schrittweisen Flutung keinerlei Gefährdung des Trinkwassers ausge­hen.

Das Gleiche gilt für die genehmigte Einlagerung von betriebsbedingten Abfällen unter Tage. Für sie wurden nach den Unterlagen der Bergbehörde allerdings hydrogeologisch günstige Grubenräume ohne Wasserzufluss ausgewählt und dann endgültig abgedämmt.

Den Behörden liegen bis heute keine Erkenntnisse darüber vor, dass dabei Giftstoffe einge­lagert wurden. Grenz- und Zielwertverletzungen an den Grubenwasser-Einleitstellen sind ebenfalls nicht bekannt. Sollte sich herausstellen, dass Bau-, Rest- oder Versatzstoffe oder betriebsbedingte Abfälle das Grund- und Trinkwasser beeinträchtigen könnten, wären Anträ­ge zur Wasserhaltung nicht genehmigungsfähig.

Wie wird die Öffentlichkeit beteiligt?

Für das Wirtschaftsministerium wird "Transparenz" groß geschrieben. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger hat die RAG dazu aufgefordert, die geplanten Verfahrensschritte, insbeson­dere zur Frage der Öffentlichkeitsbeteiligung, im Detail zu erläutern. Das Wirtschaftsministe­rium bereitet derzeit selbst eine öffentliche Internetplattforrn vor, auf der Informationen und Dokumente zum Verfahren gesammelt und eingesehen werden können.

Nach Abschluss der aktuellen Prüfung und der Stellungnahme des Landes wird ein erster Genehmigungsantrag der RAG beim Bergamt erwartet, der den teilweisen Grubenwasseran-stieg in Reden und Ensdorf betrifft. Die Inhalte dieses Antrags werden im Rahmen der recht­lichen Möglichkeiten ebenfalls auf der Internetplattform öffentlich gemacht.

Die Landesregierung wird bei der Beurteilung des Antrags den Blick insbesondere darauf richten, ob das RAG-Ziel stärker sinkender Kosten mit dem politischen Ziel der Risikover­meidung und dem öffentlichen Interesse in Einklang zu bringen ist. In regelmäßigen Abstän­den will das Ministerium daher betroffene Kommunen, Wasserversorger, Umwelt- und Natur­schutzverbände sowie Interessenorganisationen der Bergbaubetroffenen zu einem Informa-tions- und Meinungsaustausch einladen.

Vorgesehen ist außerdem, eine Arbeitsgruppe oder einen Beirat einzurichten, in dem über den aktuellen Stand des Verfahrens berichtet wird.

Mit Schreiben vom 10.07.2014 hat die RAG AG dem Wirtschaftsministerium die erbetenen Erläuterungen und Ergänzungen zum Grubenwasserhaltungskonzept übersandt. Nach ein­gehender Prüfung dieser Nachreichungen werden wir dem Bergbauunternehmen die ab­schließende Stellungnahme der Landesregierung zukommen lassen. Über die Ergebnisse unserer Stellungnahme zum Antrag der RAG werden wir weiter berichten.

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